Mein Rucksack sitzt neben mir im Zug, die dicke Daunenjacke hängt am Haken.
Es ziehen Teile von Österreich an mir vorbei, während ich Podcast höre und die Blanke Seite mir von meinem Laptop entgegen starrt.
Am Gleis vorhin habe ich Chai Latte getrunken und mir ist aufgefallen, dass ich das fast ausschließlich tue, wenn ich unterwegs bin. Zu Hause gibt es stets Kaffee.
Meine Gedanken schweifen, ich höre der Episode über Neujahrsanfänge nur halbaufmerksam zu. Denn in meinem Kopf ist eine Mischung aus Winterschlaf und Kirmes.
Ja, ein neues Jahr. Ich habe keine Vorsätze. Dieses Jahr kam irgendwie geduckt angekrochen und so wirklich eingelebt hat es sich noch nicht.
Ein Satz lässt mich wieder aufhorchen: Vielleicht geht es gar nicht darum, etwas anzufangen. Vielleicht ist manchmal das Aufhören wichtiger.Ein Funke. Endlich Anfangen mit dem Aufhören. Mein Herz hüpft. Es ist bei der Idee, Dinge zu reduzieren wesentlich freudiger, als bei jedem neuen Vorhaben der letzten Wochen. Und so fließt gerade der Text aus mir raus.
Damit sich auch ja niemand gemeint oder gar angegriffen fühlt, rede ich von mir. Möglicherweise hat nichts davon mit dir zu tun:
Ich möchte dringend damit aufhören, mir Gefühle klein-, weg- oder auszureden.
Weil es einfach enorm unbefriedigend ist, im eigenen Leben ständig die Handbremse zu ziehen. Als Mensch, als Frau mit starker Intuition kochen die Gefühle gerne über. Alle! Freude, Unsicherheit, Wut, Lust. Alle! Sie sind unberechenbar, lebendig und damit gefährlich. Man kann nie wissen, wie steil es den Berg runter geht, wie schnell der Wind einen segeln lässt oder wie heiß es am Feuer ist.
Nach Jahren voller Hirngefasel bekomm ich den Eindruck, dass -zumindest Meines- kein Interesse daran hat, dass ich wirklich lebe. Es will, dass alles „in Ordnung“ ist.
Aber diese Art von Ordnung gibt es nicht.
Der Zug nimmt Fahrt auf. Das Jahr vielleicht auch?
Was könnte ich noch sein lassen, womit könnte ich noch aufhören.
Ich höre auf damit zu glauben, was ich denke.
Es ist nie so schlimm geworden, wie ich dachte.
Es ist noch nie der Worst Case eingetreten und wenn doch, dann war es gar nicht der Worst Case, sondern genau das, was passieren musste.
So die Kurzfassung. Mein Verstand hat keine Ahnung, wo es hingeht. Er weiß, wo wir waren und erinnert sich an Schmerz. Danke dafür, aber quatsch mir nicht ständig rein. Und übrigens: Nein, es denkt nicht jeder ständig schlecht von dir. Die Menschen sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
Das macht richtig Spaß. Dieses Aufhören.
Draussen beginnt es zu schneien.
Weiter:
Ich höre auf mich selbst zu sabotieren.
Keine Zeit für Sport, muss ja mein Business aufbauen. Aber ich hänge. Was täte mir gut: Oh, Bewegung! Geht nicht, keine Zeit. Sabotage on Repeat.
Es nervt, ich nerv mich selbst und das ist kein besonders fruchtbarer Zyklus.
Wieso mein System das macht, checke ich immer noch nicht so wirklich. Könnte ja in die Kraft kommen und wieso wär das ein Problem? Ein Mysterium.
Aber aufhören mit den Vermeidungsstrategien scheint mir eine gute Idee.
Und wenn all das wirklich weg ist, dann gibt es auf einmal wieder Platz. Nämlich für die Ideen und Impulse, die wirklich neu sind. Die Freude bringen und die ich sonst nicht sehen und hören kann, weil ich eben zu sehr mit Hirngefasel und Kirmes beschäftigt bin. Wie soll man da was finden.
Ich persönlich kann den Begriff des Aufhörens aktuell auch besser greifen, als das Loslassen. Es wurde so weich gespült und suggeriert, dass es ja ganz leicht gehen sollte.
Es ist nicht leicht. Nichts davon. Mit etwas aufzuhören oder eine Situation, einen Menschen los zu lassen….SEIN zu lassen. Das braucht wirklich viel Mut. Einen Sprung in den Nebel mit vollem Vertrauen, dass irgendwann das Netzt kommt.
Das ist nichts, was wir von Natur aus gerne tun. Nichts, was unser Hirn applaudierend unterstützt.
Wir wollen sicher sein. Überleben.
Und der Punkt ist, glaube ich. Wir sind zum Leben hier. Und das Weglassen dieser zwei Silben, ändert die gesamte Geschichte.
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