Es ist Samstagmorgen.
Wie immer weckt mich das Morgenlicht und die Vögel, die unseren Innenhof bewohnen geben bereits ein Konzert. Ganz schön romantisch für die sehr zentrale Lage in Wien. Heute ist außerdem kein gewöhnlicher Samstag.
Es ist das Osterwochenende und wie so Viele werde ich meine Familie dieses Mal nicht sehen können. Dem Einen wird diese Situation von Corona beschert, mich trennen 958km vom Elternhaus in Deutschland.
Natürlich lassen wir uns nicht unterkriegen. Meine mutige Mutter hat sich Skype heruntergeladen und wir werden am Ostersonntag gemeinsam frühstücken.
Dieses fortschrittliche Unterfangen des 21. Jahrhunderts hat mich dazu verleitet, mich mit einer Kreatur zu beschäftigen, die bereits den guten alten Ägyptern zu lockerem Gebäck verhalf. HEFE. Der Hefezopf gehört zu unserem klassischen Osterfrühstück genauso wie der ,bereits um 9Uhr morgens angefressene, Schokohase.
Und ich koche viel und gerne, backen auch, nur an Hefe habe ich mich noch nie so ganz ran getraut. Aber der tapfere Schritt meiner Eltern, sich auf Videotelefonie einzulassen, hat mich inspiriert und außerdem ist in diesem Lockdown der Gedanke an ein zweites Lebewesen in meiner Wohnung eigentlich ganz hoffnungsspendend. Also raus aus dem Bett und ran ans Rezept. Ich habe vorher Blogs gelesen, frischen Germ gekauft (Ja, man wohnt ja in Österreich) und ich bin bereit und motiviert.
Es wird einen Laugenzopf geben. Ein wenig glücklich bin ich über diesen Rezeptfund, denn Laugestangen gehörten neben Kakao zu meinem Kindheitsfrühstück, wenn mein Vater morgens von der Nachtschicht nach Hause kam und mir dieses frische Gebäck mitbrachte. Aber genug der Sentimentalitäten. Es wird Mehl ausgebreitet, Hefe gebröselt, Butter geschmolzen, aber bloß wieder abkühlen lassen!, denn „Hefe mag es kuschelig warm, aber bitte nicht heiß“ und meine Arbeitsplatte verwandelt sich bald in einen Mehl-Hefe-Matschehaufen. Erinnert ein wenig an Sandkastenspiele, aber ich schweife wieder ab. So knete ich und versuche mich davon zu überzeugen, dass diese Handarbeit ja irgendwie auch als Workout einzustufen ist.
Ein paar Minuten später liegt diese hübsche Teigkugel vor mir und ich packe sie behutsam in eine Schüssel, decke sie zu und lasse ihr die Ruhe, die sie verdient.
Während mein Hefeteig in meiner Wäschekammer mit einer Decke kuschelt, bringe ich die Küche wieder auf Vordermann und setze meinen morgendlichen Kaffee auf.
Wenn man den Tag mit einer Tätigkeit beginnt, ist das Brodeln des Espressokochers wahre Musik im Ohr.
Soweit so gut. Kneten, Kaffee und warten. Geduld!
Nicht meine größte Stärke, aber wenn die Aussicht auf etwas Essbares mich nicht dazu zwingt, was dann?!
Denn so ein bisschen stolz macht es mich schon. Nagut ich gebe zu, die beiden Errungenschaften lassen sich eventuell nicht ganz vergleichen. Boxen soll ich ihn. Kommt mir brutal vor, aber Rezept ist Rezept. Also ein paar Mal drauf gehauen (kann ich für den Agressionsabbau nur empfehlen!) Und dann wieder zugedeckt.
Noch ein Häferl, noch ein Kaffee.
Eine Weile später ist der große Moment gekommen. Das Flechten.
Schnell stelle ich fest, dass es wesentlich mehr Teig ist als erwartet, ob es allen Hefe-Neulingen so geht? Irgendwie sehr beeindruckend, was dieses Geschöpf aus Pilzen in nur 1,5 Stunden zu Stande gebracht hat. Ich fühle mich ja durchaus auch öfter mal aufgequollen, aber das hier ist eine Meisterleistung. Und so teile ich und drehe und flechte. Dann ein etwas aufregender Moment. Das ganze Teil in die Lauge tunken ohne das es auseinander fällt. Einmal durchatmen und vertrauen. Geschafft! Die Zöpfe sind im Ofen und aus dem übrigen Teig entstehen Hefeknoten mit selbstgemachter Bärlauchpesto bestrichen. Bärlauch, den ich selber gesammelt habe.
Nun an diesem ganzen Vorhaben ist an sich Nichts außergewöhnlich. Menschen pflücken und kochen und backen schon seit einer sehr langen Zeit. Aber es hat etwas Meditatives sich auf etwas Neues zu konzentrieren. Den Fokus, den es braucht, die richtigen Handgriffe zu tun. Die Arbeit mit den eigenen Händen, die einen sofort erdet. Die kindliche Verspieltheit, etwas besonders schön zu bastelt.
Und dann die Freude!
Es macht glücklich etwas in den Händen zu halten, was man selbst erschaffen hat. Es ist schön und köstlich. Es hat auch ein bisschen was von Kreation und Zerstörung, ein bisschen wie der Kreislauf des Lebens.
Und wem das zu philosophisch ist: Hefezopf und ein Häferl Kaffee ist immer eine gute Idee!
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